Schlagwort: Erzgebirge

Wald- und Wiesen-Abenteuer Waschleithe

Wald- und Wiesen-Abenteuer Waschleithe

Hier geht‘s zur Tour: https://www.outdooractive.com/de/route/wanderung/erzgebirge/wald-wiesen-abenteuer-waschleithe/227731112/#dmdtab=oax-tab2

Der Herbst kommt über das Land und Anja und ich hatten das große Bedürfnis, die gestrigen, sonnigen Stunden ausgiebig zu nutzen. Unsere Wandertour-Vorgaben waren klar: hundefreundlich, einsam, durch Wald und über Wiesen, maximal 10 km und bloß nicht zu weit weg, um anzufangen.

Schon lange reizte uns die Gegend um den Schatzenstein und den alten Bahndamm von Zwönitz nach Scheibenberg, sahen wir doch immer wieder auf der Straße die alten Brückenfeiler der Bahn zwischen Grünhain und Elterlein.
Also schnappten wir uns kurzerhand die digitale Karte bei Outdooractive und planten unsere eigene kleine Rund-Tour. Wir hatten keine Ahnung, ob sie auch begehbar ist, waren doch einige Wege als gestrichelte Versuchspfade markiert.

Karte: https://www.outdooractive.com/de/route/wanderung/erzgebirge/wald-wiesen-abenteuer-waschleithe/227731112/#dm=1&dmdtab=oax-tab2

Die Tour begann zwischen Grünhain und Elterlein, oberhalb des Oswaldbachs auf der Grünhainer Straße. Wir folgten dem alten Bahndamm, vorbei an alten Bahnpfeilern, felsigen Abhängen durch einen herbstlich-sonnigen Erzgebirgswald.

Wir überquerten große Lichtungen und Wiesen, die einen traumhaften Blick auf den Scheibenberg, das Oberbecken Markersbach und sogar den Fichtelberg boten.

Entlang der Rückseite des Waschleither Natur- und Wildparks wanderten wir in die Ortsmitte zum Hotel Osterlamm und überquerten dort die Straße, um erneut in den erzgebirgischen Wald einzutauchen.

Hier zeigte uns der Pförtelsteig, warum er seinen Namen trug. Wir nahmen schnaufend die 200 Höhenmeter und freuten uns, bald den Röhrenweg erreicht zu haben. Diesem folgten wir bis zu einem Punkt, den wir auf unserer digitalen Karte ausersehen hatten.

Hier wurde es nun recht abenteuerlich, verjüngte sich der Waldweg doch zu einem schmalen Pfad, dem sich einige steile Abstiege, die Kreuzung der Oswaldtalstraße und die Querung einer kleinen, versteckten, schmalen Brücke über den Oswaldbach anschlossen.

Doch damit nicht genug, unser auserdachter Weg führte uns einen steilen Pfad hinauf, an den ehemaligen Brückenpfeilern vorbei, zurück auf den alten Bahndamm. Das war eine rutschige Angelegenheit, hatte es doch gestern die ganze Zeit geregnet.

Wir sind wohlbehalten wieder angekommen und unser Fazit zur Tour: eindeutig empfehlenswert für alle, die Lust auf Abgeschiedenheit, erzgebirgische Naturidylle, traumhafte Ausblicke und Abenteuerlust haben.

Unser Tipp: Wem der letzte Streckenabschnitt zu anspruchsvoll ist, der kann den Röhrenweg bis zur Oswaldtalstraße gehen und dann der Straße zurück zum Ausgangspunkt folgen.

Rundwanderung Bermsgrün – 5 km

Rundwanderung Bermsgrün – 5 km

Du magst lieber einen Videobericht? Haben wir auch! Hier kannst Du ihn Dir anschauen: https://youtu.be/XXATgvjwvsc

Klein aber fein, so gestaltet sich der Rundwanderweg um Schwarzenbergs Ortsteil Bermsgrün. Gestartet sind wir bei herrlich sonnigem Winterwetter an dem Parkplatz „Gemeinde- und Stückerstraße“, an dem man auch gleich Rast machen kann, sollte man ihn von einer anderen Tour her anlaufen.

Hier gibt es auch gleich das erste Schild zum Rundwanderweg. Wir folgten den Wanderwegweisern in Richtung Sonnenhotel Hoher Hahn und liefen gleich erst mal viel zu weit.

Man muss aufpassen, dass man vor dem Abzweig zum Hotel nach links abschwenkt und dann unterhalb des Hotels auf einem Waldweg weitergeht. Wenn man es weiß, sieht man auch die Hinweisschilder.

Der Waldweg läuft sich wunderbar, sieht man doch immer wieder die weiten Wiesen zur linken oder den erzgebirgischen Wald zur rechten Seite.

Nach ein paar Metern hat man schließlich auch die Gelegenheit, einen kleinen Schwenk nach Rechts zu einem Aussichtspunkt zu machen.

Wir nutzten die Gelegenheit und landeten nun oberhalb des Hotels direkt am Ski- und Rodelhang mit einem fantastischen Blick zum Spiegelwald und nach Schwarzenberg. Im Sommer kann man hier bestimmt herrlich auf der Bank sitzen und sinnieren.

Wir nahmen uns die Zeit aber nicht, sondern gingen frischen Schrittes weiter, zurück zum Aussichtspunkthinweis und dann den Schildern des Rundweges nach.

Nach ein paar intensiven Tobereien mit Diego (Er liebt es, in einem Affenzahn durch den Schnee zu rennen und ein bisschen zu kampeln.) lotste uns der Weg durch den malerischen Wald bis zum „Hochbehälter“ und dann weiter aus dem Wald heraus.

Hier bot sich erneut ein atemberaubendes Panorama, was sich mit jedem Schritt noch weiter auftat. Neben dem Spiegelwald und Schwarzenberg, konnten wir an diesem wundervollen Nachmittag bis Annaberg, zum Oberbecken und sogar bis zum Fichtelberg schauen.

Ab hier ging es ein Stück abwärts und in Richtung Bermsgrün. Wir waren nicht ganz so aufmerksam bei den Rundweg-Hinweisschildern, aber ein bisschen was muss ja auch noch für Euch übrig bleiben, nicht wahr? Man erfährt auf der Strecke durch den Ort vieles über die Bergbaugeschichte, das Leben zu früheren Zeit und wie die Menschen ihre alltäglichen Aufgaben erledigten.

Der Weg durch den Ort geht entlang kleinerer und größerer Straßen, ist aber gut begehbar, denn es fahren kaum Autos bzw. läuft man sowieso auf dem Fußweg.

Unser nächstes Ziel war die Bermsgrüner Kapelle. Auf der Seite der St. Georgenkirche Schwarzenberg, zu der die Kapelle gehört, heißt es:

„… Aus den Akten der Kirchgemeinde ist zu entnehmen, daß die Bermsgrüner Gemeindeglieder in großer Treue und stattlicher Zahl zu den Gottesdiensten nach Schwarzenberg pilgerten. Zur besseren geistlichen Betreuung, insbesondere der älteren Gemeindeglieder, für die der Weg zu beschwerlich wurde, entschloß man sich zum Bau einer Kapelle. Am 11. August 1929 wurde die Kapelle Bermsgrün geweiht.“

Ein kleines Stück folgten wir noch der Straße und kamen schließlich an ein weiteres Hinweisschild, dass uns erklärte, dass wir gerade auf der früheren „Peststraße“ unterwegs seien. Für Erheiterung sorgte der Ausdruck „Sack“ für einen früheren Ortsteil. Anja konnte es nicht lassen und sagte mir liebevoll „Heute gehst Du mir ganz bestimmt nicht auf den Sack.“

Schlechte Witze finden wir spitze und so bogen wir kichernd nach Rechts ab, wo wir den steilen Aufstieg zum Parkplatz in Angriff nahmen.

Hier gibt es übrigens die Möglichkeit, auch geradeaus weiter zu gehen und die komplette Wanderrunde zu gehen, wie man sie auch in Outdooractive auf der Karte nachvollziehen kann. Wir haben uns komplett auf die Beschilderung im Dorf verlassen und damit entging uns sicher noch ein Stück wunderbarer Wald- und Wiesenweg rund um die Hansenmühle.

Immer der Gemeindestraße nach bergauf gingen wir zurück in Richtung Sonnenhotel Hoher Hahn.

FAZIT: Der Rundwanderweg Bermsgrün ist ein schöner, leichter Spaziergang mit vielen herrlichen Aussichtspunkten und abwechslungsreichen Wegabschnitten. Der Wald- und Wiesenweg ist traumhaft und auf den Spuren der Bermsgrüner Vorfahren zu wandeln ist ein besonderes Highlight, wenn man im Dorf unterwegs ist. Leider ist die Beschilderung teilweise irreführend – aber man kommt auf jeden Fall wieder da an, wo man gestartet ist.

Hier ist noch der Link zur Wanderroute bei Outdooractive: https://www.outdooractive.com/de/route/wanderung/erzgebirge/rundwanderweg-bermsgruen/21280842/

Weihnachtliches Seiffen – 13 km durch Nebel und Licht

Weihnachtliches Seiffen – 13 km durch Nebel und Licht

Du magst lieber eine Videoversion der Wanderung? Dann klick hier in unseren YouTube-Kanal: https://youtu.be/f5Yh6gPipr0

Stille, undurchdringlicher, weißer Nebel, kalter Wind und winzige Wassertröpfchen. Seiffen hieß uns mit kaltnassem Winterwetter willkommen. Kein Grund für Anja und mich, traurig zu sein, hatten wir uns doch ein bisschen Abgeschiedenheit und Ruhe nach den hektischen und leider viel zu besinnungslosen (statt besinnlichen) Weihnachtstagen gewünscht.

Erfüllt wurde uns dieser Wunsch in erster Linie durch das wundervoll ruhige Hotel Wettiner Höhe, das ganz nah am Seiffener Kurort liegt und trotzdem so weit davon entfernt ist, dass man ganz für sich sein kann.

Doch allein mit Ruhe war es uns noch nicht getan – wir wollten Wandern, denn das ist neben Ausruhen unsere zweitliebste Beschäftigung, wenn wir schon mal zusammen Urlaub haben. Also suchten wir uns bei Outdooractive eine empfohlene Route aus – „Rund um Seiffen und den Schwartenberg“, eine Tagestour von 13 km Länge entlang dem Kammwegabschnitt 09.

Wir starteten gegen Mittag, voller Hoffnung, dass der Nebel sich vielleicht lichten würde. Tat er aber nicht! Und da nur die Harten in den Garten kommen, sind wir mit den Worten „Wir sind so hart und so toll und so super!“ frohen Mutes losgelaufen. Herrlich, wenn die Lust am Wandern über die nicht ganz so optimalen Wetterbedingungen siegt. Außerdem bestand Hund Diego freudig schwanzwedelnd auf eine ausgiebige Gassirunde.

Der erste Wegabschnitt gestaltete sich rutschig und glatt, aber wen wundert das Anfang Januar? Wir streiften durch geheimnisvoll umnebelte Wälder, über kahle Felder, die kein Ende zu haben schienen, begleitet von den einsamen Rufen der Nebelkrähen. Es war märchenhaft und gespenstig zugleich, erinnerte doch alles irgendwie an das Verlaufen von Hänsel und Gretel oder an eine Sage von den Ufern des Styx.

Mitten im Wald fanden wir an einem großen Rastplatz die ersten Hinweisschilder und machten uns auf in Richtung Ortsmitte Seiffen. Wie aus einem Gemälde von Andreas Achenbach, so wirkten die orangen, toten Blätter an den Bäumen des nebelumsponnenen Waldes. Die geheimnisvolle Winterstille tat ihr Übriges dazu, so dass wir spätestens jetzt zu dem Schluss kamen, eine wirklich gute Entscheidung getroffen zu haben, trotz des Wetters loszulaufen.

Bergab folgten wir den Hinweisen zur Seiffener Kirche und den scheinbar überall auftauchenden „Kamm“-Hinweisschildern. Kurios wurde es dann an einem Baum, an dem zwei „Kamm“-Schilder befestigt waren, die gegenseitig auf sich zeigten. Hier verzweigte sich der Weg sogar noch in 4 verschiedene Richtungen und wir brauchten den Handy-Kompass und die App von Outdooractive, um den kleinen Trampelpfad zu finden, der uns weiter in Richtung Kirche führen sollte. Mir ging so durch den Kopf, dass das wieder mal typisch war: Man sieht nur das Offensichtliche, das, was man erst suchen muss, bleibt uns oft verborgen.

Schließlich gelangten wir über den Trampelpfad an eine Straße, der wir für ca. 200 m folgten, um dann auf einen wundervollen Waldweg, den sogenannten Mühlenweg, zu treffen, der ein traumhaftes Panorama über Seiffen bot. OK, er hätte ihn geboten, wenn denn nicht der Nebel gewesen wäre. Wir haben es uns einfach vorgestellt.

Nun war auch die Seiffener Kirche endlich in Blickweite. Vorbei am Skilift, der leider nicht in Betrieb war (Leider lag zu wenig Schnee.), erstreckte sich vor uns der herrliche Blick auf Seiffen. Die Nebelwolken waren noch ein Stück tiefer gesunken, aber wir verloren unser Zwischenziel – die Seiffener Kirche – nicht aus den Augen. Traumhaft war eine einzelne Laterne, die Anja spontan zum Singen bewegte. Sie stimmte das Lied „Lili Marleen“ von Marlene Dietrich an, in dem es heißt

„Wenn sich die späten Nebel drehn
Werd‘ ich bei der Laterne steh’n
Wie einst Lili Marleen.“

und Diego und ich hörten ihr schwer beeindruckt zu. Das war einfach zu passend und wunderschön.

Die letzten Meter zur Seiffener Kirche nahmen wir leichten Schrittes und so gelangten wir über das Friedhofstor zum Kircheneingang. Anja und Diego warteten draußen und ich lunzte neugierig in genau die Kirche, die auf so vielen erzgebirgischen Schwibbögen zu sehen ist. Es war ein bisschen, als würde ich in meine Kindheit abtauchen, denn das Modell der Kirche mit den darum angeordneten Kurrendekindern und den hübschen, kleinen Laternen ließen mich oft glauben, dass es so einen zauberhaften Ort gar nicht geben konnte.

Das Kirchlein ist klein und schlicht, bestückt mit Seiffener Volkskunst, den ortstypischen, bunten Laternen und edel geschnitzten Holzverzierungen. Es lohnt sich auf jeden Fall, auf der Wanderung dort inne zu halten und sich einen Moment zum Besichtigen Zeit zu nehmen.

Beim Heraustreten aus der Kirche erwarteten mich Anja und Diego mit einer großen Ladung Schnee – die himmlischen Schleusen hatten sich geöffnet und große Flocken fielen auf uns herab. Wir beschlossen, dass es Zeit für eine Pause wäre, denn das Mittagessen hatten wir nach dem leckeren Frühstück im Hotel ausfallen lassen. Da wir gerade im Ortszentrum waren, kehrten wir schnell in einem kleinen Imbiss ein. Dort gab es Kartoffeln mit Quark. Die Stärkung zahlte sich aus, der Schnee hatte nämlich ein Einsehen mit uns und hörte nach dem Essen auf zu fallen.

Wir kehrten wieder um und gingen die 200 Meter zurück zur Kirche, vorbei an den „Kussmannl’n“, die sich den ganzen Tag küssen dürfen. Außerdem blickten wir auf unserem Weg in ein Fenster, das über und über mit bestückten Streichholzschachteln gefüllt war. Das war wirklich fantastisch.

Die „Kamm“-Hinweisschilder führten uns schließlich weg von der Straße und dem Zentrum auf den Bergbaupfad, der uns mit einer atemberaubenden Pinge begrüßte. Die Freilichtbühne war leider wegen Lebensgefahr geschlossen, aber der Blick auf das imposante, von Menschen geschaffene Theater, genügte uns völlig. Wir stiegen die Treppen des Theaters empor zu einem Aussichtspunkt, der uns Seiffen zu Füßen legte. Aber, ihr könnt es euch schon denken – so richtig gesehen haben wir nichts.

Hier kreuzten wir auch die Anton-Günther-Runde, die uns eine bergbauliche Frage stellte. Was genau diese Runde ist, haben wir leider nicht herausgefunden, aber vielleicht könnt ihr uns ja in den Kommentaren weiterhelfen. Es muss auf jeden Fall etwas mit GPS-Koordinaten zu tun haben, denn diese standen immer hinter den möglichen Antworten.

Weiter ging’s oberhalb des Theaters, dann raus aus der Stadt und auf einen sehr langen, weißen Feldweg, den Ahornbergweg. Vor uns weißer Nebel, hinter uns weißer Nebel und nur der Weg lag vor uns. Ich hatte kurz eine Nahtod-Fantasie, von wegen „ins Licht gehen“ und so, aber zum Glück hat mich Anja wieder auf den Boden der Tatsachen geholt.

Diego rannte vor uns her wie ein überdrehter Schneehase. Er genoss die Weite sichtlich und verschmolz beinahe mit der Landschaft, weil er ja selbst so weiß ist. Anja nutzte seine Ausgelassenheit für eine kleine Rangelei – der Schalk stand dem kleinen Polarfuchs förmlich in die Augen geschrieben.

Unser Weg führte uns weiter fort von der Zivilisation. Der Nebel wurde immer dichter und hatte sich auch noch einmal tiefer in das Tal gesetzt. Wieder säumte das mystische Zwielicht und die einsamen Rufe der Nebelkrähen unseren Weg. Kahle Bäume tauchten schattenhaft aus der weißen Tiefe vor uns auf und verschwanden auch wieder so schnell, wie sie gekommen waren.

Wir erfreuten uns an dieser surrealen Landschaft und Anja stellte fest, dass man auch ohne Sonnenlicht Endorphine tanken konnte, einfach nur durch das Draußensein bei Tageslicht und an der frischen Luft. Wir passierten das Freilichtmuseum, querten die Hauptstraße und bogen dann ab in Richtung Waldgasthof Bad Einsiedel. Wir überlegten, ob wir uns dort noch einen heißen Kakao gönnen sollten, machten das aber abhängig von der Zeit.

Diego bekam jetzt sein Leuchtbändchen um, denn in dem weiß verschneiten Wald und dem dicken Nebel wäre er uns sonst verloren gegangen.

Am Waldgasthof war der Nebel so dick und die Zeit so weit fortgeschritten, dass wir uns entschieden, gleich weiter zu laufen. Es lagen noch gute 5 km vor uns und wir waren schon leicht besorgt, dass wir vor dem Einbruch der Dunkelheit ankommen würden. In dem dichten Nebel wollten wir lieber nicht bei Finsternis umherirren.

Der Weg führte uns weiter durch den traumhaften Winterwald, bis wir auf ein Feld gelangten, an dem es wieder auf die Straße zum Schwartenberg gehen sollte. Da standen wir erst einmal vor einem Zaun, der uns am Weitergehen hinderte. Ein Hoch auf die Technik – die Outdooractive-App mit der Standortkarte half uns auch hier und so gelangten wir unversehrt auf die Straße zum Schwartenberg.

Der Wind pfiff stark und die Umgebung ließ uns vermuten, dass wir irgendwo „Oben“ sein mussten. Der Nebel hatte alles verschlungen und war so dicht, dass ich kurz das Gefühl hatte, in einer weißen Wolke zu stecken. Unsere Nasen liefen im Dauerbetrieb und Anja hatte zum Glück genug Taschentücher für uns eingepackt. Es war eisig kalt. Kleine Nebeltröpfchen sammelten sich auf unserer Kleidung und pieksten unsere roten Gesichter.

Unterwegs lasen wir noch, dass die Schwartenberg-Baude gerade Betriebsruhe hat, so hatte sich das auch dort mit dem Kakao erledigt. Wir philosophierten darüber, ob wir jemals wieder aus dem Nebel kommen würden, so dicht wie er war. Zum Glück gab es die letzten paar Meter zur Baude noch mal einen schönen Anstieg, der uns wieder die Wärme in unsere ausgekühlten Körper trieb. An den nur temporär funktionierenden Gesichtsmuskeln hat das leider nichts geändert.

Rotköpfig, mit eingefrorenen Wangen, nassen Klamotten und hechelnd kamen wir schließlich an der Schwartenberg-Baude an und uns war eines klar: Es konnte nur noch abwärts gehen. 🙂

Die warme Dusche im Hotel lockte uns mit verführerischem Rufen und so nahmen wir die 2,5 km Wanderung zur Ortsmitte Seiffen auf, um dem Ruf schnellstmöglich zu folgen.

Wir landeten an einem riesigen „Kamm“-Hinweisschild und überlegten, ob es sowas wie Nebelwahn gab, denn wir hatten das Gefühl, heute schon überall einmal gewesen zu sein. Alles sah weiß und gleich aus.

Irgendwann sahen wir endlich das Licht – nun aber wirklich. Da es das Ende der Seiffener Weihnacht war, erstrahlte der ganze Ort in all seiner Pracht. Überall brannten Schwibbogen, Weihnachtsbäume und Lichterketten und führten uns mit ihrem bunten Strahlen aus dem mittlerweile dunklen Wald heraus. Die Zeit war fortgeschritten und der Abend war durch den dicken Nebel noch schneller angebrochen, als er das um diese Jahreszeit sowieso schon tat.

Mein mulmiges Gefühl legte sich. Ich sah uns nicht mehr umherirrend durch die Seiffener Peripherie wandern und freute mich einmal mehr auf das warme Hotel.

Wir genossen den Weg durch das Spielzeugdorf Seiffen und fühlten uns zum Abschluss unsere Wanderung noch einmal märchenhaft belohnt, waren wir doch in ein Lichtermeer aus erzgebirgischer Volkskunst und liebevoll geschmückten Häusern getaucht.

Am Hotel angekommen, schlüpften wir beide in unsere Zimmer und gönnten uns eine heiße Dusche. Diego wurde ebenfalls geduscht, war er doch durch den ganzen nassen Matsch unterwegs zu einer zweifarbigen Hunderasse mutiert – Oberstübchen weiß, Unterboden schwarz.

Frisch geduscht und aufgewärmt mit schöner, trockener Kleidung liefen wir aber gleich noch einmal zurück in die Ortsmitte. Das ist ein Fußmarsch von 15 min und der hat sich für uns an diesem Abend richtig gelohnt.

Wir kehrten in die wunderschöne Gaststätte „Zum Holzwurm ein und bekamen dort ein köstliches Belohnungsmahl – lauwarmer Ziegenkäse mit Honig & Thymian gratiniert und marinierte Blattsalate mit Birnenspalten, Walnüssen und Cranberries. Klingt das nicht himmlisch? Ich sag’s Euch, das war es auch. Eine echte Empfehlung, wenn ihr einmal in Seiffen seid.

Das Restaurant wurde liebevoll ausgebaut und sieht einfach urig und wunderschön aus, mit vielen Volkskunstartikeln aus dem Ort und leuchtenden Sternen, die wieder die Erinnerungen an die Märchen aus der Kinderzeit aufkommen ließen.

Gesättigt und seeeehhhhhr zufrieden mit uns ging es zurück ins Hotel. Ein traumhafter Tag ging zu Ende und wir trafen den Entschluss, unbedingt noch einmal bei schönerem Wetter wiederzukommen.

FAZIT: Der Rundwanderweg „Rund um Seiffen und den Schwartenberg“ ist herrlich abwechslungsreich mit vielen lohnenden Zwischenstationen, wie die Seiffener Kirche, die Freilichtbühne oder die Schwartenbergbaude. Die Wege sind größtenteils fernab von der Straße und damit wunderbar zum entspannten Wandern geeignet. Viele Aussichtspunkte bieten allerhand Perspektiven auf Seiffen und seine Umgebung.

Absolut empfehlenswert – vor allem, wenn es gerade mal keinen Nebel gibt. 🙂

Hier ist noch der Link zur Wanderroute bei Outdooractive: https://www.outdooractive.com/de/route/wanderung/erzgebirge/tagestour-kammweg-09-rund-um-seiffen-und-den-schwartenberg-13km/4186783/
Wir sind nicht am Freilichtmuseum, sondern am Hotel „Wettiner Höhe“ gestartet, aber das sollte kein Problem sein, da es ja ein Rundweg ist.

Und nun viel Spaß beim Nachwandern!

Spanisches Feuer im Erzgebirge

Spanisches Feuer im Erzgebirge

Matschgrüne Felder, feuchte Straßen und ein grauer Himmel – der erzgebirgische Winter lässt auf sich warten. Trotzdem genieße ich die Autofahrt durch meine Heimat, denn die wehmütige und scheinbar einsame Landschaft hat ihren ganz besonderen Reiz.

Ich sitze auf dem Rücksitz von Romina Seiferts Auto. Romina ist 27, Erzgebirgerin von Geburt an und Fachschwester für Anästhesie und Intensivmedizin. Wir sind auf dem Weg zu einem Stall nach Giegengrün, einem kleinen Ort in der Nähe von Zwickau. Dort geht Romina leidenschaftlich ihrem Hobby nach – dem spanischen Reiten.

Ich selbst sitze auch gern mal auf einem Pferd und genieße unsere schöne Landschaft bei einem flotten Galopp oder einer gemütlichen Schrittrunde, aber unter spanischem Reiten kann ich mir so gar nichts vorstellen. Es soll irgendetwas mit einer langen Stange und gefühlvollen Anweisungen zu tun haben.

Für mich tat sich auf jeden Fall die Idee auf, Romina unsere Jacken und Westen zu zeigen und sie darum zu bitten, diese ausgiebig in ihrem Reitalltag zu testen. Deswegen haben wir uns für einen ersten Versuch zusammen zu ihrem Reitstall aufgemacht. Wir wollen ein paar beeindruckende Bilder schießen und unsere Lodenjacke „schaaafe Julia“ in einem ersten Testlauf auf Herz und Nieren prüfen. Romina wird dann für uns die Jacke in ihrem Reitalltag weiter testen und uns Rückmeldung geben, wie gut sie den Anforderungen eines Reiters entspricht.

Neben Romina sitzt ihr Freund Philipp, der uns heute begleitet. Der Alltag der beiden erlaubt es nicht oft, dass sie zusammen Zeit verbringen können und so hat er die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und sich uns angeschlossen.

Romina erzählt mir, dass sie zwei Wallache besitzt – Pablo und Gavilan. Pablo ist schon 32 und Rominas erstes Pferd, das sie durch eine Reitbeteiligung erhielt. Gavilan dagegen ist ein echter PRE (Pura Raza Española) und ein wahrgewordener Traum Rominas.

Romina mit Gavilan und Pablo

Andalusische Pferde? Oh man, ich stelle mir wildgewordene, schwarze Pferde vor, die kaum zu bändigen sind. Was kommt wohl auf mich zu?

Als wir aussteigen umfängt uns winterlich, trübe Stille und außer dem großen Stall mit seinen verschiedenen Koppeln, Paddocks und Außenboxen gibt es nichts als freie Natur. Besonders spanisch sieht es hier nicht aus. 🙂

Der Stall in Giegengrün bei Zwickau

Vorsichtig folge ich den beiden in den Stall. Romina öffnet eine Boxentür und ein brauner, großer Wallach stürmt auf sie zu. Er bleibt vor ihr stehen, neigt den Kopf, um sich die Ohren kraulen zu lassen und rennt dann an ihr vorbei ins Freie.

„Dein Pferd rennt weg.“, sage ich schockiert. Romina lacht. „Der geht nur auf die nächste Wiese, weil dort das Gras viel besser schmeckt. Der kommt gleich wieder.“ Sie zwinkert mir zu und schafft ihre Sachen in den Stall. Ich betrete das Pferde-Refugium und sofort umhüllt mich der Duft von Pferden, Stroh und Freiheit. Romina bringt einen anderen Braunen über den Reitplatz in den Stall.

Romina bringt Gavilan von der Koppel in den Stall

„Das ist Gavilan. Er ist immer ein bisschen aufgeregt, wenn neue Leute dabei sind. Aber er ist ganz lieb.“, sagt sie und krault ihm ebenfalls den Kopf. Ich halte ihm meine Hand hin und er schnüffelt vorsichtig daran. Offensichtlich habe ich den Schnüffeltest bestanden, denn ich bekomme einen feuchten Schnauze-Kuss und werde dann links liegen gelassen. Romina hat Leckerli dabei – dagegen komme ich nicht an.

Ich bin fasziniert von den beiden Pferden, die irgendwie so gar nicht ungebändigt sind.

Romina führt Gavilan vor den Stall und bindet ihn zum Putzen an. Philipp und sie scheinen schon eingespielt, denn es geht frisch mit Striegel und Bürste voran. Ich schaue den beiden gern zu, denn sie sind voller Liebe und gegenseitiger Wertschätzung, wenn sie miteinander kommunizieren. Ich schieße ein paar Bilder, schließlich muss so ein fotogenes Pferd unbedingt festgehalten werden.

„Ich werde ihn erstmal ein bisschen warm machen, bevor es ans Reiten geht.“ Romina führt Gavilan durch eine Box auf ein abgestecktes Stück Wiese, das offensichtlich Übungszwecken dient. Ich bin gespannt, wie sie mit dem Wallach arbeitet. Bis jetzt trägt er kein Pferdegeschirr – keine Trense, keinen Halsring, nicht mal ein Halfter – und er läuft ihr nach wie ein braver Hund.

Romina stellt Gavilan in die Mitte des Platzes und geht ein paar Schritte von ihm zurück. Danach hebt sie in einer eleganten Bewegung die Hand und er läuft los. Es sieht fantastisch aus, wie ein eingespielter Tanz zwischen den beiden. Eine leichte Bewegung der Hand und das Pferd wechselt die Richtung.

Romina stellt sich hinter Gavilan, hebt die Hand und er läuft rückwärts. Sie stellt sich vor ihn, hebt die Hand und Gavilan steigt. Dann stürmt sie los, an ihm vorbei und der Wallach springt ihr quietschvergnügt nach, schlägt nach hinten aus und lässt den Kopf ein paar Mal hin und her tanzen. Es macht ihm sichtlichen Spaß.

„Zum spanischen Reiten bin ich in meiner frühsten Jugend gekommen durch eine Bekannte meiner Mama. Ich reite bereits seit meiner jüngsten Kindheit und war schon immer fasziniert von den wunderschönen temperamentvollen Pferden. Mir ist beim Pferdekauf wichtig das in erster Linie der gewisse Funke überspringt und die Chemie muss einfach passen. An den meisten anderen Dingen kann man arbeiten, denn das wächst zusammen und verbindet. Ich wollte nie ein fertiges Pferd haben, das bereits alles kann. Selber schaffen und ausbilden, das ist das, was ich mir für meine Pferde zur Aufgabe gemacht habe.“

„… Jedoch ist das Arbeiten mit dem Pferd in Spanien nicht ein bloßer Sport, sondern ein Bestandteil des Lebens und ein wesentliches Stück Kulturgut. Das Reiten drückt sowohl Perfektion und Stolz, wie auch Lebensfreude und Spaß an der Bewegung aus. Vielleicht so ähnlich wie der Flamenco. Beides – Tanz und Reiterei – sind unwiderruflich mit Spanien verbunden. Nicht zu vergessen aber auch der Wein, Sherry und ein gute Essen.“ (zur Klassisch-iberischen Reitweise auf http://www.das-spanische-pferd.de/de/reitweisen/)

Philipp hilft Romina beim Aufsteigen auf Gavilan. Der Wallach bleibt ganz ruhig stehen, auch, als sie auf ihm sitzt und wartet auf weitere Anweisungen. Es gibt nun ein paar Grundschritte – Schritt, Trab, kurzer Galopp.

Und dann sehe ich Gavilan das erste Mal mit Romina steigen. Es sieht so leicht und einfach aus. Ich selbst kann mir das nicht vorstellen und schaue gebannt zu. Meine Kamera klickt ohne Unterlass, weil ich merke, dass die beiden ein echtes Team sind.

Nun wird das abgetrennte Stück geöffnet und Romina reitet auf das freie Feld. Sie hält sich mit einer Hand an Gavilans Mähne fest. Sie lenkt lediglich über ihre Sitzhaltung und mit Beinkommandos.

Ich bin ziemlich beeindruckt, sie wirkt wie eine Amazone auf dem stattlichen Ross. Philipp gibt ihr einen Halsring – eine Kordel, die wie ein Zügel benutzt wird. Sie legt ihn um Gavilans Hals und beginnt mit kleinen Galopprunden. Dabei lässt sie die Hände los und wieder wirkt das Reitduo wie ein Tanzpaar, das elegant über die Wiese schwebt.

Voller Stolz bleiben die beiden vor mir stehen und präsentieren die sogenannten Zirkuslektionen (Zirzensik). Gavilan verbeugt sich, das nennt man „Kompliment“.

Dann lässt Romina Gavilan wieder steigen. Es wirkt so kraftvoll und durch und durch spanisch wie sich der kräftige Pferdekörper mit der zierlichen Frau auf seinem Rücken auf die Hinterbeine erhebt. Vergessen ist der trübe Winter und der idyllische erzgebirgische Ort – ich fühle mich wie in Spanien, denke an Zorro, Flamenco und Toreros. Mein Herz schlägt vor Freude und Übermut.

„Diese Lektionen präsentieren wir auch oft auf Messen – das kommt besonders gut bei den Zuschauern an.“, erzählt Romina. Die spanische Reitweise ist in unserer Region nicht besonders verbreitet und so tritt sie ab und zu für das „Gestüt Dubkow-Mühle“ aus dem Spreewald auf – die Inhaberin ist ihre Freundin. Dort hat sie auch Gavilan her. (Gestüt Dubkow-Mühle)

Zur Stärkung von Pferd und Reiter gibt es ein paar Leckerlis. Philipp lässt Romina etwas von seinem Schokoladenweihnachtsmann zukommen und Gavilan bekommt Pferdeleckerlis.

„Jetzt wird es Zeit für einen flotten Galopp. Und ich will springen – Gavilan liebt Hindernisse.“, sagt sie und dreht eine kleine Galopprunde auf dem Feld. Philipp bringt derweil ein Hindernis aus dem Stall und stellt es mitten auf die Wiese. Romina legt nun eine Trense an. Sie erzählt mir, dass Gavilan bei einer langen Galoppade so richtig aufdreht und sein spanisches Temperament mit ihm durchgeht. „Ich liebe die Wälder und die bergige Landschaft des Erzgebirges. Es gibt nichts schöneres als einen Ausritt durch Land und Flur. Gavilan hält nichts mehr auf, wenn wir so richtig in Fahrt kommen.“ Sie sagt es voller Liebe und Bewunderung für ihr Pferd. „Aber mit der Trense habe ich eine Chance.“

Ich gehe ein Stück die Wiese hinauf, um den Galopp mit der Kamera gut einfangen zu können. Als die beiden über das Hindernis setzen, wirkt es leichtfüßig und einfach. Gavilan fliegt dahin und auch, als beim zweiten Mal das Hindernis fällt, stört es niemanden. Alles ist im Fluss, wenn die beiden miteinander arbeiten. Es scheint keine Probleme zu geben, nur Herausforderungen, denen sie sich zusammen stellen.

Durch mein Teleobjektiv sehe ich Romina auf mich zu galoppieren. Ich habe meinen Kameraauslöser in Dauerfeuer und verfolge gebannt das steigende Tempo des Pferdes. Dann höre ich das Donnern der Hufe und nehme vor lauter Spannung die Kamera herunter. Die beiden prasseln auf mich zu, laut und kräftig. Das Wasser in der Wiese spritzt und große Dreckklumpen fliegen hinter Gavilan durch die Luft. Romina hat ein Grinsen auf dem Gesicht und Gavilan legt immer noch einen Zahn zu. Dann sind sie in Sekundenschnelle an mir vorbeigedonnert und ich fühle das Feuer, was in Gavilans Adern pulsiert, als er nur zögernd wieder langsamer wird.

Romina und Gavilan im Galopp

Romina lacht, ihre Wangen sind gerötet. Ich sage ihr, dass ich vor Erstaunen vergessen habe, weiter zu fotografieren. „Macht nichts – das machen wir gleich noch mal.“ Und schon ist sie wieder den Berg hinab.

Diesmal klappt es mit den Bildern und wir gehen danach gemeinsam zum Stall zurück, um Gavilan eine Pause zu gönnen. Er ist pitschnass von den Pfützen, durch die er gerannt ist und schnaubt aufgeregt. Bei so viel Feuer ist das gar kein Wunder.

Pablo ist fertig für das spanische Reiten

„Wie geht‘s Dir eigentlich mit unserer Jacke?“, will ich von Romina wissen und sie ist ganz überrascht, dass sie sie vollkommen vergessen hat. „Das ist ja krass. Ich schwitze gar nicht, obwohl wir so viel gemacht haben. Sie ist wirklich bequem.“ Ich schaue auf die vielen Matschspritzer, die sich auf der Jacke gesammelt haben. Ich bin gespannt, ob ich sie problemlos wieder herauskriege und freue mich, dass sie für Romina mit dem Anziehen selbstverständlich geworden ist.

Bei einem heißen Tee im Stall erklärt mir Romina einiges über die spanische Reitkunst. Sie entstand aus der Doma Vaquera, einer Arbeitsreitweise der spanischen Rinderhirten. Die andalusischen Pferde wurden mit maximal einer Hand, überwiegend aber durch den Sitz und die Beine des Reiters gelenkt und getrieben. So hatte der Reiter immer eine Hand frei, um zum Beispiel Weidetore zu öffnen oder mit der „Garocha“, einer über drei Meter langen Stange, Stiere abzuwehren oder Kälber von ihren Müttern zu trennen. Die Garocha ist wie das Lasso für die Cowboys. Erleben kann man Romina mit dieser Stange ebenfalls auf Messen.

Heute lassen wir die Garocha aber im Stall. Stattdessen wird Gavilan noch einmal gründlich geputzt. Er hat sich gut erholt und ist bereit zu neuen Taten.

Romina flechtet ihm die Haare ein. Seine Stirn ziert eine Mosquero – bunte Bommeln, die über der Nase hängen. Romina erklärt mir, dass man daran erkennen soll, wie gut sich das Pferd im Takt bewegt. Hauptsächlich dient sie aber dem Abwehren von Fliegen.

Danach kommt der spanische Hirtensattel – der Vaquero Sattel – auf Gavilans Rücken und ich meine ein leises Seufzen zu hören. „Ja, mein Guter, keine Angst, das dauert jetzt nicht lange.“, beruhigt ihn Romina. Die Steigbügel sind aus schwerem Metall und sehen eher aus wie Aschkästen. Sie sollen aber sehr bequem sein, wenn man stundenlang unterwegs ist. Gavilan nimmt den Sattel geduldig in Kauf.

Philipp hilft beim PutzenPhilipp putzt derweil Pablo, der nun auch mal mit aufs Bild soll. Ich habe Gelegenheit, mich ein bisschen mit ihm zu unterhalten und erfahre, dass er ganz fasziniert von Rominas Hobby ist und sie gern weiter darin unterstützen möchte. So sind Messen für ihn ein großes Thema und er saugt begierig Rominas Anweisungen im Umgang mit den beiden Wallachen auf, um sie bestmöglich umzusetzen.

Romina kommt aus dem Stall. Sie hat die Haare zu einem Knoten gesteckt und einen Hut auf, den Sombrero cordobes. Sie wirkt jetzt auch äußerlich wie eine spanische Reiterin, obwohl ich wehmütig zugeben muss, dass unsere Jacke nicht ganz dazu passt.

Romina auf Pablo in spanischem Gewand

„So Luise, jetzt wird es Zeit, dass Du auch mal in den Sattel kommst.“, sagt sie mit einem schelmischen Grinsen. Ich schlucke und schaue zu Gavilan, den das alles überhaupt nicht zu interessieren scheint.

Romina gurtet ein kleines Kissen an den Sattel und sagt mir, dass ich dann auf diesem hinter ihr Platz nehmen werde, ganz wie die Damen auf der Feria del Caballo – einem spanischen Volksfest, auf dem sich Pferde und Reiter in Scharen treffen, sich präsentieren, zusammen feiern, kaufen und verkaufen.

Ein bisschen mulmig ist mir schon zumute, aber Romina strahlt so eine Ruhe und Gelassenheit aus, dass ich nicht anders kann als ihr zu vertrauen. Sowieso erscheint mir Rominas Art mit den Pferden umzugehen voller Liebe, Verständnis und Konsequenz. Ich bin begeistert von ihrer gutmütigen Art, und wie sie damit die starken Tiere fest in ihrer Hand hält.

Auf der großen Wiese packt mich Philipp kurzerhand und hebt mich auf Gavilans Hinterhand. So schnell war ich noch nie auf einem Pferd und bin erstaunt, wie bequem es auf dem kleinen Kissen – der Grupera – ist. Philipp schießt ein paar wundervolle Bilder von Romina und mir und wir zwei Damen haben großen Spaß auf dem lieben Gavilan.

„So, und jetzt musst Du unbedingt einmal steigen.“, sagt Romina, nachdem ich von der Grupera heruntergerutscht bin.

Mein Herz klopft bis zum Hals, als ich mich in den spanisches Sattel schwinge. Die „Aschkästen“ sind wirklich sehr bequem und das Schaffell unter meinem Hintern fühlt sich an wie ein komfortabler Sessel.

Romina führt Gavilan ein kleines Stück im Schritt, hebt die Hand und schon steigt er. Es fühlt sich leicht an, dauert nur kurz und ist jeden aufgeregten Herzschlag wert. Glück erfüllt mich. Ich klopfe Gavilan den Hals und will nochmal.

Romina zwinkert mir zu und wir wiederholen die Prozedur, krönen die Zirkuslektion mit einem Kompliment.

Als ich absteige wird mir wieder einmal klar, dass das Sprichwort um das Glück der Erde ein wahres Wort ist. Vergessen sind der unwinterliche Winter, der Nieselregen, der sich seit einiger Zeit in kleinen Tröpfchen auf unseren Jacken sammelt oder das traurige Matschgrün der erzgebirgischen Wiesen.

Ich bin erfüllt von allen Eindrücken, fühle das spanische Feuer in mir brennen und bin dankbar, dass ich diesen Tag so erleben durfte.

Philipp, Pablo, Gavilan und Romina

Herzlichen Dank liebe Romina, dass Du mir einen kleinen Einblick in Deine Welt gewährt hast und herzlichen Dank lieber Philipp, dass Du uns beiden ein so aufmerksamer Assistent warst. Und ein großes Dankeschön an Pablo und Gavilan, die so prima mitgemacht haben.

Für uns steht fest, wir wiederholen das Ganze im Sommer noch einmal. Bis dahin wird Romina unsere Jacke auf Herz und Nieren testen und ich bin gespannt, zu welchem Urteil sie kommen wird.

Mit einem feurigen Olé beende ich unseren ersten Blogbeitrag und freue mich schon auf die kommenden Geschichten.

Wohlwollige Grüße schickt Euch Luise

PS: Die Matschspritzer gingen nach dem Trocknen der Jacke mit einer weichen Wurzelbürste ganz einfach auszubürsten.